Der ALV führte in Herznach ein Podiumsgespräch zum Thema «Leistungssport und Ausbildung» für Medienschaffende durch. Verbandspräsident Christian Winter diskutierte mit jungen Athletinnen, Berufsbildner*innen und Betreuer*innen, denn viele junge Sportler*innen wollen auf Beruf und Sport setzen. Genügend Ausbildungsplätze zu finden, ist anspruchsvoll.

«Die jungen Sportler*innen wollen Gas geben»

ALV-Präsident Christian Winter schilderte zu Beginn der Fragerunde mit den Teilnehmern am Podiumsgespräch die Zielsetzung des Verbandes: «Wir wollen für unsere Athlet*innen optimale Bedingungen schaffen.». Dass dies anspruchsvoll ist, zeigten die anschliessenden Diskussionen. Karin Wunderlin von der Sektion Sport des Aargauer Departementes Bildung, Kultur und Sport (BKS), erklärte zum Aufschwung des Leistungssportes auch im Aargau, dass das Angebot für eine duale Ausbildung mit Beruf und Sport im Raum Aarau aufgrund der zentrale Lage gut ausgebaut sei. Aktuell sind 63 Ausbildungsverträge angemeldet, hinzu kommen zahlreiche Sportschüler*innen an der Alten Kanti Aarau. «Dazu gibt es wohl noch individuelle Verträge mit Arbeitgebern», vermutet Wunderlin.

Grosser Bedarf in der Leichtathletik

Andreas Weber, Geschäftsführer des ALVs, sieht sich täglich mit der Aufgabe konfrontiert, für junge Athlet*innen eine praktikable Lösung für die berufliche Ausbildung zu finden, die einen intensiven Trainingsbetrieb zulässt. Aktuell zählt der ALV 20 Athlet*innen mit einer dualen Ausbildung in Beruf und Sport.
Dabei müssen sich Athlet*innen mithilfe des ALVs selber organisieren. Dies gelang der Mehrkämpferin Fabienne Hug vom TV Wohlen. Auch dank ihrer zwei aktuellen Schweizer-Meister-Titel erhielt die Freiämterin einen Sport-Lehrvertrag. Sie absolviert die dreijährige kaufmännische Ausbildung beim Bauernverband Aargau in vier Jahren und erhält den nötigen Freiraum fürs Training. Dass eine solche Lehre kein Zuckerschlecken ist, schilderte die Fricktalerin Sina Ettlin. Die aktuelle U20-Schweizer-Meisterin im Stabhochsprung muss ihren Tagesablauf minutiös planen. Ausserdem opfert sie ihre Ferien dem Sport. Neben Sport, Schule und Arbeit bleibt kaum freie Zeit für etwas Anderes. Die zweite Fricktaler Stabhochspringerin, Romy Burkhard, schilderte, welchen Aufwand sie für ein optimales Training im Winter betreiben muss. Da kommen bis zu 17 Stunden Autofahrt pro Woche zusammen.

Mehrwert für Arbeitgeber

Trotzdem setzte sich Stefan Pfrommer, Direktor eines KMU-Betriebes und Leichtathletiktrainer, in Herznach für die Sportlerlehre ein. «Athlet*innen bringen auch am Arbeitsplatz ein grosses Engagement mit; und sie haben starke soziale Fähigkeiten.» Berufsbildnerin Sandra Bielser sprach von der Chance, Beruf und Sport besser zu verbinden. «Aber das braucht Disziplin.» Allgemein sei jedoch die Industrie um sportliche Bewerber*innen froh, «denn wir haben einen Mangel an Fachkräften.»
Solche Worte hörte Andreas Weber gerne. Er sprach in seinem zweiten Votum von einer «grossen Herausforderung mit Knackpunkten. Das System dahinter hält den Ansprüchen nicht stand.» Weber wies auf fehlende materielle Unterstützung hin, sprach aber auch Probleme bei kantonsübergreifenden Lösungen an. «Da wünschen wir uns mehr Flexibilität.»

Kantonale Unterstützung

Auf Nachfrage des ALV-Präsidenten Christian Winter versicherte Karin Wunderlin, dass die Sektion Sport des Kantons Aargau versuche, agil auf solche Herausfoderungen zu reagieren. Mit den benachbarten Kantonen arbeite man gut zusammen.
Nach den Ausführungen der Podiumsteilnehmer beklagte ein sportfreundlicher Arbeitgeber im Publikum, dass viele Betriebe das Vorgehen für eine Sportlerlehre gar nicht kennen würden. «Genau das ist unser grösstes Problem», folgerte Diskussionsleiter Christian Winter, und er forderte alle Anwesenden auf: «Tragt die Botschaft der dualen Ausbildung mit Beruf und Sport hinaus in den ganzen Kanton.»

Fotos und Text: Wolfgang Rytz